Donnerstag, 9. Juli 2015

Sehen sie die karierten Wände auch?

In meinem heutigen Post soll es um Psychosen gehen. Unter anderem was es für die Patienten bedeutet wenn sie daran erkranken, wie es sich auf ihre Persönlichkeit auswirkt und welche Ursachen und Anzeichen es gibt.
Unter einer Psychose versteht man im allgemeinen 'den Bezug zur Realität' zu verlieren. Die Patienten haben eine andere Wahrnehmung der Umwelt und verarbeiten sie anders. Dazu zählen auch Wahnvorstellungen und Halluzinationen. Zu Anfang bemerken die erkrankten Personen noch nicht, dass sich nicht ihre Umwelt verändert , jedoch sie selbst. Für sie gehören die Stimmen die sie hören, die Personen die sie verfolgen oder die Dinge die sie sehen zu ihrer eigenen Realität dazu.
Mit dieser Wahrnehmung lernen die Patienten dann durch die Therapie und die richtige Medikation umzugehen.
Natürlich ist es wichtig zu wissen, dass sich eine Psychose bei jedem Menschen anders verhält und auch durch andere Faktoren ausgelöst werden kann. 
Ursachen für eine Psychose können zum Beispiel Medikamenten-oder Drogenmissbrauch sein. Täglicher Gebrauch von LSD und Cannabis sind Substanzen, die eine vorübergehende aber häufig auch bleibende Psychose auslösen können. 
Aber auch organische Hirnschädigungen, Veränderungen im Nervensystem, traumatische Erlebnisse, eine Demenzerkrankung oder Stoffwechselstörungen im Gehirn können eine Psychose herbeirufen. Somit kann eine Psychose auch immer wieder auftreten, zum Beispiel wenn ein Familienmitglied verstorben ist oder sich der Partner trennt. 
Anzeichen einer Psychose sind wie erwähnt Wahnvorstellungen und Halluzinationen. Aber auch Konzentrationsstörungen, Denkstörungen, Antriebslosigkeit und Misstrauen sind bekannte Anzeichen. Zu den Denkstörungen gehört zum Beispiel der Verfolgungswahn. Die Patienten denken sie werden von bestimmten, oft auch erfundenen Personen oder Gruppen verfolgt. Oft damit verbunden sind die akustischen Halluzinationen. Die Patienten hören Stimmen die über sie reden, lachen, ihnen Befehle erteilen oder ihr Verhalten dokumentieren. Darunter leiden die Patienten oft am meisten. Stimmen die eigentlich gar nicht da sind, werden Teil ihrer Wahrnehmung.  Häufig ist es auch so, dass sie den Stimmen antworten und mit ihnen reden, weil sie für die Patienten im Moment unglaublich real wirken.
Wichtig ist da zu wissen, ob die Stimmen Befehle erteilen oder das Verhalten des Patienten dokumentieren. Denn die Befehle können oft negativ sein. Darum ist es wichtig abzuklären, wie die Patienten sich fühlen und was sie hören. Für sie sind die Befehle im dem Moment so real, dass sie sie ausführen müssen ("Fahr' gegen den Baum", "Stich dir mit dem Messer in den Bauch"). Dokumentierende Stimmen können des Öfteren ins beleidigende übergehen. Manche Patienten mit denen ich zu tun gehabt habe hören, wie die Stimmen sie auslachen oder als "fett" und "schwul" bezeichnen. 
 Aber auch optische Halluzinationen können Teil einer Psychose sein. "Ich sehe grüne Menschen", "Sehen sie auch, dass die Wände kariert sind?", sind Situationen, die Patienten mir in ihrer Not schon geschildert haben.
Durch diese Wahrnehmungen können die Patienten nicht mehr differenzieren was real und fiktiv ist. Sie schotten sich von der Außenwelt hab, haben Angst erneut Stimmen oder Dinge zu sehen und brechen oft ihre sozialen Kontakte ab.
Leiden die Patienten in ihrer Psychose an einer Depression, nennt man das dann eine "affektive Psychose" (extreme Stimmungsschwankungen, Depression - Manie) . So gibt es verschiedene Unterteilungen einer Psychose, wie zum Beispiel auch die "paranoide Schizophrenie". Die Patienten erfahren einen noch höheren Realitätsverlust und hören fortlaufend Stimmen und sehen Dinge oder Personen. 
Es ergibt sich fast von selbst, dass Patienten in dieser Phase der Erkrankung einen großen Leidensdruck erfahren. Erst durch eine richtige Therapie und Medikamte lernen sie mit solchen Situationen umzugehen, nicht in Panik zu verfallen und die Vorkommnisse richtig zu deuten, sprich nicht als real einzuordnen. 
Geheilt werden kann eine Psychose nie wirklich. Sie kann nur durch richtige Psychotherapie und Gespräche und die individuell abgestimmte Medikation eingegrenzt werden.

Da Psychosen ein sehr komplexes Thema sind, konnte ich in meinem Text nur grob schildern, was sie bedeuten. Wenn ihr also noch Fragen habt, dann schreibt mir gerne !
Bis bald,
Laura





Freitag, 29. Mai 2015

Depression - was bedeutet das wirklich?

Es sind jetzt noch genau 10 Wochen bis mein FSJ zu Ende geht, darum möchte ich euch in den letzten Wochen meines Freiwilligen Sozialen Jahres etwas mehr über die Krankheitsbilder in Psychiatrien erzählen und erklären, was das für die Betroffenen bedeutet.
Die Krankheit mit der ich bis jetzt am meisten zu tun gehabt habe, ist die Depression. Man hat davon gehört, irgendwie hat doch jeder mal " 'ne Depression ".
Die Winterdepression wenn der Schnee nicht verschwinden will und der Himmel von Tag zu Tag gefühlt noch dunkelgrauer wird als eh schon, die Depression wenn man zu viel zu tun hat und nur noch schlechte Laune hat oder vielleicht auch einfach die Depression, wenn die Hose, die im letzten Sommer noch passte plötzlich zu eng geworden ist. Jeder kennt das Gefühl über Tage mal etwas niedergestimmt zu sein. Aber ist das gleich eine "richtige" Depression? Nein!
Schlecht drauf sein bedeutet nicht gleich depressiv zu sein. Zu einer Depression gehören viel mehr Dinge.
Eine Depression ist zunächst eine psychische Krankheit. Jedoch kommt sie nicht von ungefähr. Bei gesunden Menschen wird der Stoffwechsel im Gehirn durch bestimmte Botenstoffe bestimmt. Die Ausschüttung dieser Botenstoffe, auch Neurotransmitter genannt, wird gleichmäßig geregelt.
Funktioniert diese gleichmäßige Ausschüttung jedoch nicht mehr einwandfrei bzw. die Übertragung zur nächsten Nervenzelle ist gestört, so kann es passieren, dass eine Depression ausbricht.
Und dann kommt es zu den typischen Symptomen. Antriebslosigkeit, Niedergeschlagenheit, Beeinträchtigung der Entscheidungsfähigkeit, Appetitlosigkeit und und und...
Die erkrankten Personen fühlen sich nicht mehr fähig irgend etwas zu leisten.
      In meiner Anfangszeit im FSJ fand ich es sehr schwer damit umzugehen, weil ich noch überhaupt kein Verständnis dafür hatte, wie sich depressive Patienten verhalten. Für mich war nicht klar, dass es für sie unmöglich erscheint morgens aufzustehen, sich zu duschen, frische Kleidung anzuziehen und frühstücken zu gehen. Das kann den ganzen Tag so weitergehen, wenn man sie nicht so lange ermutigt in den Tag zu starten und etwas sinnvolles zu beginnen. Ich hatte so schon oft meine Probleme, Patienten zu motivieren und sie aus dem Bett zu "scheuchen". Denn nur so können sie ihrer Krankheit entgegen wirken und etwas dafür tun.
Noch heute komme ich an meine Grenzen, wenn es darum geht, Menschen mit Depressionen zu betreuen. Sie haben oft hohe Erwartungen an ihr Umfeld, jedoch umso weniger ans sich selbst. "Ich glaube ich schaffe das nicht"; "Ich kann das nicht"; "Ich habe versagt", sind Sätze, die ich schon oft gehört habe.
Jedoch muss man auch bedenken, dass eine Depression "nicht einfach so" ausbricht. Es müssen viele Faktoren zusammenspielen, mit denen sich der Patient überfordert fühlt und für sich aufgegeben hat gegen die inneren Schlachten zu kämpfen. Es kann die Trennung vom Ehepartner sein, der Tod eines nahen Angehörigen, Versagen im Job, Mobbing...
Hier werden nun Antidepressiva eingesetzt, um dem unkontrollierten Stoffwechsel entgegen zu wirken und den Antrieb der Erkrankten wieder zu steigern. Die Medikamente docken an die "kaputte" Nervenzelle an und regeln wieder den Stoffwechsel im Gehirn.
Es gibt allerdings nicht nur die Tiefphase in einer Depression. Manche Patienten haben auch eine sogenannte "manische Phase". Bin ich solchen Patienten anfangs begegnet, habe ich mich immer gefragt, wieso sie sich behandeln lassen. Sie sind doch gar nicht krank. Sie reden viel, lachen laut, sind ideenflüchtig, unternehmen viele Dinge oder sind einfach gesprächiger und kreativer als sonst. Aber auch das kann eine Phase in der Krankheit sein. Kurz darauf brechen sie nämlich ein. Diese Art der Krankheit wird durch verschiedene depressiv und manisch geprägte Episoden durchzogen. Das Suizidrisiko ist somit in der Phase der Manie höher, da die erkrankten Personen erhöhten Antrieb verspüren, aber immer noch schlechte Gedanken über sich selbst und ihr Leben haben. Man nennt diese Depression eine "bipolar affektive Störung".
Das heißt aber nicht, dass alle depressiven Patienten diese Verhaltensweisen zeigen. Der Wechsel zwischen einer Hoch-und Tiefphase kann auch fließend verlaufen, sodass man es als Laie nicht unbedingt bemerkt, wenn es ihnen wieder besser geht.
Um Patienten mit Depressionen zu behandeln, ist es wichtig, sich dennoch als Gesprächspartner anzubieten, auch wenn sie das zunächst ablehnen. Man sollte sie zu den Therapien ermutigen. Sie müssen lernen, dass Fehler im Leben menschlich sind und jedem Menschen Leid zugefügt werden kann. Bewegung und persönliche Zuwendung sind in der Behandlung sehr wichtig. Die Patienten müssen auf andere Gedanken kommen und lernen, mit der Krankheit umgehen zu können, wenn sie irgendwann nicht mehr stationär betreut werden.

Wenn Ihr Fragen oder Anregungen habt, lasst es mich gerne wissen ! :)
Liebe Grüße,
Laura


"Nur weil du einen Fehler machst, bedeutet das nicht, dass du ein Versager bist"
- Georgette Mosbacher








quellen: www.denkpression.de
            www.volkskrankheit.net
          

Dienstag, 24. März 2015

Die Schlachten des Lebens

In der letzten Woche half ich für zwei Tage auf der geschützten Station unserer Klinik aus. Die Grippewelle machte auch bei uns einen mehr oder weniger langen Halt. Not am Mann. Somit war mein Einsatzort für zwei Spätschichten ein anderer.
Ich bin ehrlich und muss sagen, dass ich schon ein wenig aufgeregt war. So ohne Erfahrung zu Menschen, die manchmal gar nicht mehr wissen wo sie herkommen oder was sie mal getan und gesagt haben? Natürlich kam ich schon des Öfteren mit Menschen in Kontakt, die auf dieser Station aufgenommen werden mussten oder mir bei einem Gruppenspaziergang entgegen kamen. Aber so richtig mit ihnen arbeiten? Das war mir neu. Ich beschreibe das ganze so, als würde dort sonst wer herumlaufen...so ist es überhaupt nicht.
Ihr müsst es euch so vorstellen: Auf einer geschützten Station werden Patienten aufgenommen, die erst einmal als eigen-oder fremdgefährdet gelten. Das wird meist durch den behandelnden Arzt festgestellt oder auf einer unserer offenen Stationen, wenn die Patienten nicht mehr absprachefähig sind oder suizidale Gedanken hegen. Einfach gesagt, nimmt man sie auf der Akutstation auf, um sie vor sich selbst zu schützen.
Leider lassen sich nicht alle Patienten freiwillig aufnehmen. Dafür gibt es in Deutschland jedoch ein Gesetz, welches die behandelnden Ärzte dazu bevollmächtigt, psychisch kranke Personen gegen ihren Willen aufzunehmen. Dieses Gesetz heißt einfach Psychisch-Kranken-Gesetz, kurz PsychKG. Es dient den kranken Menschen zu ihrer eigenen Sicherheit und zu ihrem Schutz.
Es kann sein, dass es in diesem Prozess zu einer Fixierung kommen muss. Dann, wenn die Patienten nicht mehr absprachefähig sind, das Pflegepersonal angreifen oder mit Dingen drohen. Der Arzt entscheidet dann, wann die Fixierung wieder aufgehoben werden kann. Kann der Patient feste Zusagen machen? Ist er damit einverstanden seinen Genesungsprozess fortzusetzten? Kann der Patient an der Gemeinschaft auf der Station teilnehmen? Ist er einsichtig?
Für euch mag das alles wie im Horrorfilm klingen, aber oft lassen sich die Patienten auch freiwillig fixieren, weil sie einsehen, dass sie krank sind und verstehen, dass es nur zu ihrer eigenen Sicherheit ist.
Aber all das trägt dazu bei, dass die Patienten wieder ein Stück Normalität erfahren. Und in manchen Fällen ist es auch so, dass die sie ausblenden oder sogar vergessen, dass sie fixiert wurden. In unserem Gehirn gibt es da ein Areal, welches solche Erlebnisse verschließt und verarbeitet.
In meinem kurzweiligen Einsatz ist jedoch alles ruhig geblieben und die Patienten waren froh ein neues Gesicht zu sehen.
Ich habe die gleichen Aufgaben wie oben gemacht. Nur eben mit mehr Vorsicht. Es ist wichtig, dass man keine Porzellantassen stehen lässt oder Dinge, mit denen man sich leicht verletzten kann. So müssen bei der Aufnahme auch Taschenkontrollen durchgeführt und Handykabel eingesammelt werden. Es dient zur Sicherheit aller und vor allem der, der Patienten.
Ich war anfangs auch verwundert, aber es ist irgendwo auch logisch. Die Patienten kommen mit schwersten Erkrankungen, schlimmen Erfahrungen und Gedanken.
Viele von ihnen brauchen aber, wie die meisten, einfach nur ein offenes Ohr und wollen gehört werden. Egal, wie wahnhaft ihre Aussagen klingen oder was sie sich einbilden. Sie sind oft so darin verstrickt, dass es für sie total normal ist darüber zu reden. Man sollte sie als Pflegepersonal weder bestätigen noch - was schlimmer wäre - ihre Aussagen einfach abtun. Für die Patienten ist das die pure Realität. Wenn mir jemand sagt, dass es nicht gut ist, dass ich gerade mal eine andere Meinung habe, kann ich auch schnell wütend werden. Ich kann das dann aber gut akzeptieren. Akut wahnhafte Patienten jedoch weniger. Darum ist es immer gut einfach sachliche Fragen zu stellen. Sie fühlen sich ernst genommen und haben das Gefühl, dass sie nicht alleine sind. Viele werden schnell wieder gesund. Sie sind bereit den Kampf gegen ihre Krankheit anzugehen und lassen sich auf einer unserer offenen Stationen weiter therapieren. Dort sind sie eigenständiger und müssen mehr an sich arbeiten.
Es ist schön zu sehen, wenn sie dann nach langer Zeit, "gesund" entlassen werden können.

Das war's aber erst einmal von meiner Seite ! Habt ihr noch Fragen? Wollt ihr etwas wissen, was euch beschäftigt? :)
Lasst einen Kommentar da und ich versuche daraus ein Thema für meinen nächsten Post zu machen!


"Die Schlachten des Lebens gewinnen nicht immer die stärksten, schnellsten oder klügsten Leute. Aber früher oder später werden immer die gewinnen, die sich sicher sind, gewinnen zu können."
- Brian Tracy

Freitag, 20. Februar 2015

Dankbarkeit, Lob, Anerkennung und das Füllen von Eimern...

Nun sind schon 6 Monate in meiner Einsatzstelle um. In letzter Zeit denke ich viel über meine Zukunft nach. Welche Universität sagt mir zu? Ist das Fach Kommunikationswissenschaften wirklich das richtige für mich? Oder sollte ich doch etwas im sozialen Bereich anstreben?
Die Gedanken jagten mich letztes Jahr zur gleichen Zeit. Ich stand kurz vor dem Abitur und wusste nicht so recht - Studium? Ausbildung? Ausland? FSJ?
Im Moment kann ich sagen, dass ich bis jetzt die beste aller Entscheidungen getroffen habe. Natürlich bleibt es nicht aus, dass ich manchmal sehnsüchtige Wochenenden bei Freunden in ihren neuen Wohnungen, weit weg von zu Hause, verbringe. Ich bin ehrlich und kann euch sagen, dass ich in manchen Momenten schon sehr neidisch bin.
Dennoch lerne ich gerade in letzter Zeit meine Entscheidung zu schätzen. Ich integriere mich jeden Tag ein bisschen mehr in das Leben der Patienten; vor allem in den Arbeitsalltag auf meiner Station und in mein Team. Ich erkenne den Wert der Erfahrung, die ich machen darf, an und bin dankbar dafür, dass ich jeden Tag aufs neue am Leben der Patienten teilhaben darf. Das ist keineswegs selbstverständlich.
In meinem Beitrag soll es heute deshalb um Dankbarkeit gehen. Schriftsteller und auch unsere Omas erzählten uns schon etwas über Dankbarkeit. Sie ist wichtig und macht uns glücklich, weil sie unsere Mitmenschen ebenfalls glücklich macht. Durch unsere Dankbarkeit signalisieren wir Zuneigung und Aufmerksamkeit. Es ist egal, ob wir dem Schicksal dankbar sind, dem Wetter oder einem anderen Menschen - Fakt ist: es macht uns glücklich!
Ich kann dieses Phänomen, wie ich schon erwähnte, auch für mich feststellen.
Den Patienten merke ich das auch an. Oft reicht es schon, wenn ich ein offenes Ohr habe oder sie zum lachen bringe. Sie sind froh, wenn sich jemand ernsthaft mit ihnen beschäftigt ohne direkt die Absicht zu haben, auf ihre Krankheit zu sprechen zu kommen. Für viele Patienten auf meiner Station bin ich "der kleine Engel, der die Station jeden Tag ein bisschen heller macht". Solche ehrlichen Worte sind heutzutage nicht oft zu hören. Darum macht es mich umso glücklicher (fast) fremden Menschen den Tag zu versüßen. Denn mit ihren Worten machen sie auch meinen Alltag ein großes Stückchen schöner.
Ein toller Motivationstrainer, Christian Bischoff, hat mir einmal gesagt, dass jeder von uns einen Eimer voller Selbstvertrauen besitzt. Dieser Eimer kann von Mitmenschen gefüllt, aber auch geleert werden. Gefüllt wird er durch Dinge, die sie sagen oder tun, unterstützt durch unser positives Gefühl, welches wir dabei empfinden. Ein leerer Eimer sorgt dafür, dass wir pessimistisch in den Tag hineinleben und unsere Energie geraubt ist. Ich führe mir dieses Beispiel oft vor Augen, denn wenn ich andere Eimer fülle, wird meiner zwangsläufig auch gefüllter sein...
In meinem Job ist Dankbarkeit und das Anerkennen der Leistungen die man bringt echt wichtig. Man muss mit vollem Verstand dabei sein...da spielt die soziale Ader auch eine große Rolle. Ohne Toleranz, Verstand, Entscheidungsvermögen und wenig Selbstvertrauen, kann der Job eines Freiwilligen schnell zur Qual werden. Man muss sich durchsetzten können und lernt so auch seine Stärken, aber auch Grenzen kennen. Aber ich kann euch auch versichern, dass man viel öfter über sich hinauswächst als man denkt. Und das ist ein tolles Gefühl !
Und es ist irgendwie merkwürdig...ich dachte immer, dass ich in meinem Jahr etwas für andere mache und im Endeffekt merke ich, dass ich am meisten etwas für mich selbst mache.
Das wurde mir vor einiger Zeit im Supermarkt bewusst. Einem älteren Herren fielen vor der Supermarktkasse seine Einkäufe zu Boden. Sofort bückte ich mich und half ihm alles zurück auf das Band zu legen. Vor einem Jahr hätte ich mindestens 30 Sekunden dort gestanden und überlegt, ob ich ihm nun helfen sollte oder nicht. Ich hatte zu große Angst etwas falsch zu machen oder abgewiesen zu werden. Jetzt merke ich, wie viele Menschen eigentlich auf Hilfe angewiesen sind und dass es die kleinen hilfsbereiten Dinge im Alltag sind, die anderen Menschen den Tag versüßen. Man kann für jeden ein kleiner Engel sein - wenn man nur will und sich traut !

"Wenn du genügend Menschen hilfst, das zu bekommen, was sie bekommen wollen, dann wirst du alles bekommen, was du bekommen willst."
- Zig Ziglar

Bis bald,
Eure Laura

Mittwoch, 28. Januar 2015

Die letzten fünf Monate


„Was? Du arbeitest in der Psychiatrie?“ - ist eine Frage, die mir Freunde und Bekannte in den letzten 4 Monaten häufig gestellt haben. Manchmal entsetzt, oft respektvoll, aber immer interessiert.
'Und ist es da so wie in den Filmen? 'Shutter Island', mit Leonardo DiCaprio. Den kennt man doch!“
Als ich diesen Vergleich das erste Mal hörte, musste ich schlucken. Ich dachte an meine Vorstellungen vor 5 Monaten. Als klar wurde, dass ich ab dem 1. August 2014 mein Freiwilliges Soziales Jahr im St.- Vinzenz-Hospital in Rhede beginnen werde, machte auch ich mir meine ganz persönlichen Gedanken vom Alltag in einer Psychiatrie. Meine Vorstellungen waren, um ehrlich zu sein, auch teilweise „so wie in den Filmen“. Es ist nun auch leider immer noch so, dass Psychiatrien bei vielen einen leicht bitteren Nebengeschmack haben. Dennoch wusste ich auch, dass Depressionen, Halluzinationen und Psychosen keine Krankheiten sind, die wie in Filmen nach 120 Minuten wieder vorüber sind.
Ich war mir von Anfang an bewusst, dass diese Krankheiten schwerwiegend sind und den Menschen, die daran leiden, das Leben für eine gewisse Zeit zur Hölle machen.
Heute, nach fünf Monaten, reagiere ich fast schon wütend auf diese Aussage. Die Menschen in meinem Umfeld wissen, dass ein Job in der Psychiatrie kein einfacher ist, aber dennoch denken manche, dass es dort „wie im Film“ und „eigentlich doch ganz witzig“ ist. Es erschreckt mich, dass es in der heutigen Zeit immer noch Menschen gibt, die eine so unrealistische Vorstellung von dem Alltag in einer Psychiatrie haben.
Natürlich kann es an manchen Tagen witzig werden, wenn einem Patienten ans Herz gewachsen sind und man sieht wie es ihnen von Tag zu Tag besser geht oder sie ganz schlicht und einfach mal einen guten Moment erwischt haben. Ich habe schnell ein Gefühl dafür entwickelt, wie ich mit den Patienten umgehen kann. Mal ernst, mal mit etwas Witz und Humor, aber auch einfach mal ganz normal - als hätte ich einen langjährigen Nachbarn beim Einkaufen getroffen.
Ich weiß, dass ich kein Therapeut oder Psychologe bin und manche Dinge nicht immer ganz professionell angehe, aber ich habe gemerkt, wie froh es die Menschen macht, wenn jemand mal nicht über ihre Krankheit spricht, sondern einfach übers vergangene Weihnachtsfest, den Job oder wie lecker doch heute das Mittagessen war. Jeder einzelne der Patienten ist auf seine ganz individuelle Weise in seine Gedanken verstrickt und hat Probleme von selber dort hinaus zu finden. Da sind viele über jede Ablenkung sehr froh.
          Ich habe begonnen diesen Blog zu schreiben, um mit Euch meine Erfahrungen zu teilen und Licht ins Dunkle zu bringen...Wie ich erwähnte, ist das Bild von Psychiatrien bei vielen Menschen noch immer mit negativen Gedanken behaftet – Klapse, Irrenhaus, Irrenanstalt - das sind nur einige der Synonyme, die in der Gesellschaft des Öfteren Gebrauch finden. Das Video aus meinem letzten Post ist dafür ein gutes Beispiel.
Ich habe in den letzten fünf Monaten die Erfahrung gemacht, dass es von Patient zu Patient unterschiedlich ist, wie er oder sie mit der Erkrankung umgeht. Natürlich ist es nachvollziehbar, dass niemand gerne über die Krankheit redet, denn sie ist immer auch eine körperliche, seelische und soziale Belastung. Vor allem der Teil der sozialen Belastung, spielt im Leben der erkrankten Personen eine große Rolle. Viele ziehen sich mit der Zeit zurück und verstecken sich hinter ihrer Erkrankung.
Auch wenn die Behandlungen und Aufenthalte in Psychiatrischen Kliniken oft verschwiegen oder gar nicht erst in Anspruch genommen werden, sind sie dennoch eine riesengroße Stütze für die Betroffenen.
Ich möchte mit meinen folgenden Blogeinträgen aus dem alltäglichen Leben in meiner Einsatzstelle berichten. Da das Wort Schweigepflicht in der Psychiatrie eine große Rolle spielt, werde ich probieren, ein gesundes Maß zu finden, um informative Beiträge für Euch zu schreiben.

Wie ich schon erwähnte, arbeite ich in einem Zentrum für seelische Gesundheit.
Unsere Klinik besteht aus vier offenen Stationen und einer geschützten Station. Hinzu kommt die Privatstation, welche im Frühjahr eröffnet wird. Vor der Klinik befindet sich im übrigen die Ergotherapie, dessen Angebote einen großen Teil der Therapie ausmacht, und die Tagesklinik. Hier finden bereits stationär entlassene Patienten Anbindung, um dort mit verschiedenen Aktivitäten ihren Alltag individuell gestalten zu können.
Mein Arbeitsalltag findet auf einer offen geführten allgemeinpsychiatrischen Station statt. Es werden Patienten ab dem 18. Lebensjahr behandelt. Die Aufgabe unserer Therapeuten, Ärzte, Pflegekräfte und Psychologen ist es, die psychopathologische Symptomatik, sprich die psychischen Erkrankungen der Patienten, zu vermindern, die Verantwortungsfähigkeit und Krankheitseinsicht der Patienten zu fördern.
Es geht darum, die Patienten wieder so ins Leben einzugliedern, dass sie in der Lage sind, ohne Angst oder Isolation mit dem alltäglichen Leben zurechtzukommen.
Man kann es gut mit einer Fahrschule vergleichen. Der Fahrlehrer bereitet dich auf die grundlegenden Dinge im Straßenverkehr vor. Alleine fahren und das richtige Umgehen in Gefahrensituationen lernst du jedoch erst nach der Fahrschule. Die Patienten bei uns werden auch auf ihr alltägliches Leben vorbereitet - das Umgehen mit Angst, das richtige Einnehmen von den Medikamenten et cetera. Die (Fahr)Praxis folgt jedoch erst nach der Entlassung.

Meine Aufgaben bestehen darin, die Patienten morgens zu wecken, sie zu verschiedenen Untersuchungen zu begleiten oder mich einfach in einer ruhigen Minute zu ihnen zu setzen und mich mit ihnen zu unterhalten.
Wie ich schon erwähnte, habe ich schnell ein Gefühl dafür entwickelt, wie ich mit welchen Patienten umgehen kann.
Dennoch habe ich auch gemerkt, dass man oft über seinen Schatten springen muss. Ich war nie jemand, der sich in jede neue Situation schnell und gut einfügen kann. Ich brauche meine Zeit. In diesem Job ist das jedoch nicht immer möglich. Oft muss man schnell entscheiden, auch mal aus dem Bauch heraus Tipps geben und in Situation hilfsbereit sein, in denen man vor lauter Stress nicht weiß wo einem der Kopf steht.
Aber es gibt auch besinnliche und ruhige Momente. Die Vorweihnachtszeit war eine davon.
Nicht jeder freut sich auf Weihnachten, das ist nun einmal so und irgendwie auch normal. Aber ich habe mich auf Weihnachten gefreut und so habe ich angefangen, die Station zu schmücken, nachmittags Weihnachtslieder zu trällern und Plätzchen zu backen. Die Patienten, die Lust auf so etwas hatten, waren immer herzlich willkommen und nahmen die Angebote oft freudig in Anspruch. Wie gesagt – Ablenkung ist für die meisten Patienten eine gute Unterstützung zur Therapie.

Aber gerade die Weihnachtszeit ist oft eine der schwersten Zeit für die Patienten. Viele sind mit ihren Familien im Streit oder haben keine mehr. Dieses Jahr verlief es auf unserer Station aber, so wie ich das für mich empfand, ziemlich gut.
Die Patienten, die über Weihnachten auf der Station waren, waren froh über die Ruhe, den frisch geschmückten Tannenbaum und das leckere Essen. Für meine Mühen in der Vorweihnachtszeit hab ich oft Lob von den Patienten bekommen. Das kommt meist unerwartet und somit freut man sich noch mehr. Mir macht es Spaß Freude zu schenken, vor allem wenn ich merke, dass sie wirklich von Herzen kommt. Alles in allem ein gelungenes Fest, auch wenn es nicht, wie bei mir, mit den Liebsten war.
Jetzt geht es jedoch frohen Mutes in das neue Jahr und für meinen ersten Eintrag soll es bis hier als Einleitung genügen.


„Und du kriegst, was du gibst, wenn du tust, was du liebst.“

Drei aus deiner Klasse...

 
Wieso "Drei aus deiner Klasse..."? Zunächst solltest du dir dafür das verlinkte Video der Organisation "Time to Change" anschauen.
In diesem Beitrag geht es um eine alltägliche Szene in einem Klassenraum. Ein Schüler kommt zu spät, der Lehrer reagiert genervt und die Mitschüler machen flapsige Bemerkungen. Doch dann geschieht etwas, mit dem keiner der dort Anwesenden gerechnet hat...
 
Er stellt sich auf seinen Stuhl, beleidigt den Lehrer und macht die ganze Klasse sprachlos:

 
http://www.huffingtonpost.de/2015/01/25/junge-beleidigt-lehrer-macht-klasse-sprachlos_n_6542034.html
 
Quelle: Huffington Post
             YouTube: Time to Change, The stand up kid

Der Sinn hinter dieser Kampagne - "The stand up kid" - soll der sein, dass immer noch viele Menschen unaufgeklärt über psychische Krankheiten sind. Mittlerweile leiden durchschnittlich drei Schüler einer Klasse an einer psychischen Störung oder werden einmal daran leiden.
Depressionen sind oft näher als man denkt und betreffen Menschen jeden Alters. Man ertappt sich immer wieder dabei, wie man zu schnell urteilt. Dabei ist es auf den zweiten Blick manchmal gar nicht so wie man zuerst vermutete...